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AutorenbildAlex Baur

Mut, sich zu wehren

Vielleicht warst du selbst schon mal in der Situation, als du auf WhatsApp, TikTok oder Instagram unterwegs warst: Plötzlich ploppt da eine verletzende Nachricht auf, du siehst eine gemeine Story oder wirst unter einem Post markiert, bei dem dir das Herz in die Hose rutscht. Wenn man online beleidigt, bedroht oder fertig gemacht wird, ist das oft digitale Gewalt oder Cybermobbing. Auch, wenn man sich als betroffene Person am liebsten unter der Decke verkriechen würde, ist es wichtig zu wissen: Du bist nicht allein, und es gibt Möglichkeiten, wie du dich dagegen wehren kannst.


Morgens TikToks gucken, nachmittags durch Reels scrollen oder abends im WhatsApp-Gruppenchat abhängen: Wir alle sind ständig auf Social Media – und den meisten von uns macht das auch verdammt viel Spaß! Immerhin kannst du dich dort vom stressigen Alltag ablenken, lachen und dich mit anderen connecten. Aber auf Plattformen wie TikTok, Instagram und WhatsApp gibt es auch eine nicht so bunte, schöne Seite: Denn über Social Media können Leute auch richtig gemein sein, mit bösen Nachrichten, Videos oder Fotos. Gerade, wenn du noch zur Schule gehst, kann es gut sein, dass du schon mal mitbekommen hast, wie jemand aus deinem Umfeld auf Social Media gemobbt wurde, denn: Eine Studie hat herausgefunden, dass fast jedes vierte Schulkind schon mal von Cybermobbing betroffen war. Wenn man sich das als Zahl ansieht, sind das rund 1,8 Millionen Schüler:innen in Deutschland, die schon mal online gemobbt wurden.


Vielleicht fragst du dich jetzt: Wenn so viele Menschen von Cybermobbing betroffen sind, warum unternimmt dann niemand etwas dagegen? Tatsächlich hat auch die Politik das Thema digitale Gewalt immer mehr auf dem Schirm, so soll zum Beispiel ein „Gesetz gegen Digitale Gewalt“ auf den Weg gebracht werden. Vielleicht hast du auch schon vom Projekt „Gemeinsam Klasse sein“ gehört? Das ist ein Anti-Mobbing-Programm, an dem allein in Hamburg weit über 100 Schulen teilgenommen haben. Dabei erarbeiten eure Lehrkräfte gemeinsam mit euch Regeln für ein respektvolles Miteinander und klären über Cybermobbing auf. Und es gibt zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, also NGOs, wie zum Beispiel „HateAid“, die sich für die Rechte von Betroffenen einsetzen.


Aber: Es ist nicht so leicht, das Phänomen in den Griff zu bekommen, denn vieles in der Onlinewelt findet anonym statt. Theoretisch ist das ja auch ein Vorteil des Internets: Gerade Menschen, die Angst vor Verfolgung haben oder politische Missstände aufdecken möchten, profitieren davon, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen online nicht erkannt werden können. Deshalb warnen Datenschützer:innen auch davor, das Internet streng zu überwachen und Daten zu sammeln – auch, wenn das der Polizei beim Kampf gegen Cybermobbing und digitale Gewalt ziemlich helfen würde.


Aber was ist bei Mobbing im Internet anders als im Reallife? Auf dem Schulhof oder im Klassenzimmer kommt es ja auch immer wieder vor, dass jemand einen fiesen Spruch drückt – in manchen Fällen kommt es sogar zu körperlicher Gewalt! Die Gewalt, die Betroffene bei Cybermobbing erfahren, sieht aber oft anders aus:


Cybermobbing ist womöglich öffentlich: Wenn jemand in Kommentaren oder Videos fertig gemacht wird, bekommen das potenziell viel mehr Leute mit als Mobbing auf dem Schulhof. Die Tatsache, dass womöglich jede:r im Internet sehen kann, wie man gemobbt wird, empfinden manche Betroffene als besonders bedrohlich.

Das Internet vergisst nicht: Klingt nach einer Floskel, aber es stimmt. Screenshots, private Fotos oder Nachrichten können überall verbreitet werden – solche Dinge wieder offline zu bekommen, ist ein Ding der Unmöglichkeit.

Aus einer Person kann ein ganzer Mob werden: Klar, auch im Klassenzimmer gibt es vielleicht Cliquen, die gezielt mobben. Im Internet kommt noch dazu, dass ein Shitstorm entstehen kann, und plötzlich machen wildfremde Leute beim Mobben mit.


Weil digitale Gewalt eben online stattfindet und nicht im „Reallife“, unterschätzen viele, dass die Beleidigungen, Erniedrigungen oder Bloßstellungen den Betroffenen richtig zusetzen können. Vielleicht hast du selbst schon mal erlebt, wie klein man sich fühlt, wenn jemand im Internet richtig gemein ist. Oft spielen dabei auch Gefühle wie Scham eine Rolle, weil man so öffentlich bloßgestellt wird. Gerade, wenn solche Mobbingattacken richtig häufig und gezielt stattfinden, kann das für Betroffene besonders belastend sein. Laut einer Studie des Bündnis gegen Cybermobbing dachte ein Viertel der Betroffenen von Cybermobbing sogar darüber nach, sich das Leben zu nehmen. Ein ganz schrecklicher Gedanke. Deshalb gibt es bei Mobbing einige Hilfsangebote und niemand ist in so einer Situation allein – auch, wenn es sich für viele erst mal so anfühlt. Auch als Freund:in kannst du für Betroffene da sein: Indem du zum Beispiel zuhörst, empathisch bist und Mut machst, sich dagegen zu wehren.


Die GenZ-Redaktion hat dir eine Checkliste erstellt, wie du dich gegen Cybermobbing wehren und deinen Freund:innen zur Seite stehen kannst:


  • Atme tief durch: Wenn du dich von jemandem angegriffen fühlst, versuche ruhig zu bleiben und tief durchzuatmen. Lass dich nicht dazu hinreißen, genauso scharf zurückzuschießen oder gar selbst zu mobben.

  • Vertraue dich jemandem an: Du bist nicht alleine und du musst da nicht alleine durch. Wenn du die Möglichkeit hast, sprich mit deinen Eltern oder einer Lehrkraft deines Vertrauens darüber. Vertrau dich Freund:innen an. Sag ihnen, wie es dir damit geht – und wovor du Angst hast. Alternativ gibt es auch zahlreiche Onlineangebote, an die du dich wenden kannst. Eine Auswahl haben wir dir in der Infobox zusammengefasst.

  • Sichere deine Beweise: Wenn man gemeine Dinge über sich liest, möchte man sie am liebsten schnell vergessen. Es ist aber in jedem Fall ratsam, Screenshots von verletzenden Inhalten zu machen, damit du später Beweise hast, sollte es zur Konfrontation mit den Täter:innen kommen.

  • Melde die verletzenden Inhalte den Plattformen: Auf TikTok, Instagram und Co. kannst du Kommentare, Postings und Nachrichten melden, die gegen die Nutzungsrichtlinien verstoßen. Denn auf Social Media sind Beleidigungen, Demütigungen oder Drohungen nicht erlaubt. Im besten Fall handelt die Plattform und löscht die verletzenden Inhalte. Du hast auch jederzeit die Möglichkeit, User:innen zu blockieren.

  • Erstatte Anzeige bei der Polizei: Ja, richtig gelesen. Du kannst dich an die Polizei wenden, wenn du bedroht, beleidigt oder gedemütigt wirst, denn das ist strafbar. Eine Anzeige klingt vielleicht wie ein ganz schön krasser Schritt, aber sie ist wichtig: Nur so bemerkt die Polizei, wie groß das Problem Cybermobbing ist und kann dementsprechend handeln. Anzeigen können übrigens auch online gestellt werden, Anlaufstellen findest du in der Infobox.

  • Wachse an der Situation: Wenn du selbst von Cybermobbing betroffen bist, fühlst du dich vielleicht im ersten Moment als Opfer. Doch mach dir bewusst, dass du kein Opfer bist! Niemand hat das Recht, so mit dir umzugehen. Indem du dich wehrst, trittst du in Aktion, stehst für dich und deine Gefühle ein und zeigst den Täter:innen klare Grenzen auf.


Es ist wichtig zu wissen, dass man sich gegen Mobbing wehren kann, egal ob auf dem Schulhof oder im Internet. Und gleichzeitig ist es total nachvollziehbar, dass das viel Mut kosten kann. Deshalb kann es hilfreich sein, die Situation gemeinsam mit engen Vertrauten zu durchdenken und einen Plan zu entwickeln, welche Hilfe man in Anspruch nehmen möchte. Dabei kann es helfen, wenn wir generell offener über Mobbing und digitale Gewalt sprechen und wir alle lernen, respektvoll miteinander umzugehen, auch online, denn eine Studie hat gezeigt: Die Hemmschwelle, im Internet Hass zu verbreiten, ist viel niedriger als in der analogen Welt. Deshalb ist es für uns alle wichtig, darüber nachzudenken, ob wir uns zu Gemeinheiten im Internet hinreißen lassen – oder unsere Energie lieber darauf verwenden, die Menschen zu supporten, die online von Hass und Hetze betroffen sind.



Hinweis:

Wenn dich Suizidedanken plagen, wende dich unbedingt an die Telefonseelsorge per Chat unter telefonseelsorge.de oder per Telefon unter der 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222. Unter fideo.de kannst du dich mit anderen jungen Menschen über Depressionen austauschen und bekommst weitere Ressourcen, die dir dabei helfen können, mit seelischen Schmerzen umzugehen.


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[1] Möller-Slawinski, H., 2024: Repräsentativumfrage unter Jugendlichen für BARMER 2023/2024, online, sinus-institut.de, [21.10.2024]


[2] Beitzinger, F., et. al, 2022: Cyberlive IV. Spannungsfeld zwischen Faszination und Gefahr. Cybermobbing bei Schülerinnen und Schülern, online, buendnis-gegen-cybermobbing.de, [21.10.2024]


[3] Bundesministerium der Justiz, 2023: Eckpunkte für ein Gesetz gegen digitale Gewalt, online, bmj.de, [21.10.2024]


[4] Techniker Krankenkasse, 2022: Kooperationspartner “Gemeinsam Klasse sein”, online, gemeinsam-klasse-sein.de, [21.10.2024]


[5] Norddeutscher Rundfunk, 2024: Hamburger Anti-Mobbing-Programm bundesweit in Schulen im Einsatz, online, ndr.de, [21.10.2024]


[6] Chaos Computer Club, 2023: Chaos Computer Club warnt vor geplantem Gesetzesvorhaben zu "Digitaler Gewalt", online, ccc.de, [21.10.2024]


[7] Mitteldeutscher Rundunk Medien 360Grad, 2023: Ist Cybermobbing strafbar?, online, mdr.de [21.10.2024]


[8] Barmer Internetredaktion, 2024: Vernetzt und verletzt: Was ist Cybermobbing und was können wir dagegen tun?, online, barmer.de [21.10.2024]


[9] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2018: Medienkompetenz – Was ist Cybermobbing?, online, bmfsfj.de [21.10.2024]


[10] Bundeszentrale für politische Bildung, 2010: M 02.03 Täter – warum wird jemand zum Mobber?, online, bpb.de [21.10.2024]


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