Ein Blick in den Spiegel
Schlafbefreite Nächte,
Unerholte Augen,
Leere Gedanken,
Räumliche Befangenheiten,
weil du redest nicht,
traust dich niemandem an,
fühlst dich von dir im Stich gelassen
Zweifel werden größer,
Gefühle unterdrückt,
Tränen nicht vergossen,
Träume verblassen,
abgestumpft, abgehärtet
Denn du hast es so gelernt,
beziehungsweise nie verlernt,
dir im Weg zu stehen,
und keine Hilfe anzunehmen
Umgeben von Ängstlichkeiten,
es wird nach Missständen gegriffen,
nicht gut gealterte Ideale verteidigt,
und Vorbilder in Unrealitäten gezeichnet
Spiegelbilder,
die dir schaden,
dich verletzten,
vermessen,
dich auf Fehler und Makel reduzieren
und die Wahrheiten verzerren
Widersprüchlichkeit in Einfachheit getarnt,
Vor vielversprechenden Veränderungen gewarnt,
Ungleichheit mit der Vergangenheit erklärt,
und Schritte in Richtung Gleichheit verwehrt
Flackernde Ansprüche
Betäubte Emotionen
Dir wird gesagt wie du zu sein hast
Aber möchtest du so sein?
Eigene Unsicherheiten fremd projizieren,
Kein Aufbrechen alter Strukturen riskieren
Beraubt von Komplexität
Alles soll beim Alten bleiben
Oder nicht?
Und womöglich ist es an der Zeit
einen neuen Blick zu wagen,
das eigene Verhalten zu spiegeln
und Authentizität zu sehen
Über Zweifel zu sprechen,
und Sorgen zu teilen
Emotionen und Verständnis zu zeigen,
Verzweiflung zu artikulieren
Nahbarkeit zu ermöglichen,
sich fallen lassen zu können,
Vielseitigkeit zu schätzen
und die Ruhe zu wahren
Alte Rollenbilder zu vermalen,
neue Wege zu gehen,
Generationen zu verarbeiten,
solidarisch und unterstützend zu sein
Räume zu schaffen,
eigene Muster zu reflektieren,
Privilegien wahrzunehmen,
Macht zu teilen und abzugeben
Andere Prioritäten zu setzen,
neue Visionen zu sehen,
alte Träume wiederzuerkennen,
und Freiheiten zu ermöglichen
Respektvoll zu verleben,
aufmerksam zu sein,
anerkennend zu zuhören,
neues Wissen anzueignen,
und von anderen zu lernen
Vergangenheiten zu verarbeiten,
Dialoge fortzuführen,
und Wunden zu heilen
Aus verschiedenen Perspektiven
zu betrachten,
Egalität anzustreben,
Missstände wahrzunehmen,
bereit zu sein
für das Veränderbare
Und womöglich ist es an der Zeit,
ein Verbündeter zu sein
Oder nicht?
Ein Blick hinter Bilals Gedanken:
Bei „Toxischer Männlichkeit“ handelt es sich um ein Aufrechterhalten von konservativ-hegemonialen Verhaltensmustern und Männlichkeitsidealen, die Sexismen und oft Misogynie beinhalten. Die Verinnerlichung von toxischer Männlichkeit kann schwere Folgen für Gesundheit1, Psyche, Sozialverhalten und Sexualität haben. „Toxisch“ bedeutet in diesem Kontext „ungesund“2, da männlich gelesene Menschen durch die Reproduktion von toxischer Männlichkeit ihre Mitmenschen, aber auch sich selbst negativ beeinflussen und schaden können.3 Häufig fehlt ein gesunder Zugang zu den eigenen Gefühlen, das sich in Aggression, Dominanz und dem Ignorieren eigener Schwächen und Grenzen zeigt.4 Der Ausdruck bedeutet nicht, dass Männlichkeit an sich toxisch oder schlecht ist. Jedoch macht er auf eine bestimmte Haltung aufmerksam, die patriarchale Strukturen verhärtet und die eigenen Privilegien nicht anerkennt. Oftmals kommt es dazu, dass männlich positionierte Menschen durch Macht einnehmende Aktionen die Grenzen weiblich gelesener Menschen überschreiten, sie objektifizieren und ihnen Wissen und Rechte absprechen. Die Legitimation und die fehlende kritische Hinterfragung strukturell geschlechtlicher Diskriminierung steht im engen Zusammenhang mit toxischer Männlichkeit. Auch weiblich positionierte Menschen können ein problematisches Bild von Männlichkeit verinnerlicht haben und es von ihren männlich gelesenen Mitmenschen einfordern. Die problematische Sichtweise auf Männlichkeit ist ein alltägliches Problem der Gesellschaft und beginnt mit der Erziehung der Kinder. Ein Grund dafür ist das andauernde unkritische Abbilden toxischer Männlichkeit in Filmen5, Serien, Musik, Videospielen und den sozialen Netzwerken. Gleichzeitig gibt es aber auch Bewegungen, die ein Ende der problematischen Erwartungshaltung an Männlichkeit fordern und diese neu definieren wollen, frei von jeglicher Unterdrückung.
Comments