Frank Böttcher ist ein deutscher Meteorologe und Klimaexperte, der sich intensiv mit Wetterphänomenen, Klimawandel und deren Auswirkungen auseinandersetzt. Er ist Direktor des Instituts für Wetter- und Klimakommunikation (IWK) und tritt regelmäßig als Experte und Moderator in den Medien auf.
Cornelius für GENZ: Wie ist es dazu gekommen, dass Sie sich so intensiv mit Extremwetter und dem Klimawandel beschäftigen?
Frank Böttcher: Mein erstes extremes Wettererlebnis war ein Schlüsselmoment in meinem Leben: die Schneekatastrophe 1979. Sie hat bei mir das tiefe Interesse geweckt, besser verstehen zu wollen, was es mit den extremen Wetterphänomenen auf sich hat.
Viele haben es schon direkt gemerkt, andere noch wenig: Welche extremen Wetterereignisse werden unsere Zukunft mitgestalten?
Infolge der globalen Erwärmung wird es im Sommer sehr viel häufiger Temperaturen geben, die wir nicht gut ertragen können. Zudem müssen wir uns auf mehr Starkregen und Dürre einstellen.
Kann man den Klimawandel noch aufhalten?
Ein Teil des Klimawandels wird ungebremst über uns hinweg rollen, egal was wir tun. Ich gehe davon aus, dass wir noch vor 2050 die Drei-Grad-Grenze überschreiten werden.
Das Oberthema dieser GENZ-Ausgabe ist Mut. Ist das ein Begriff, der in Ihrer Forschung/Arbeit eine Rolle spielt?
Immer wieder: Der Mut zur Wahrheit ist leider nicht allen Menschen gegeben. Wir sind Meister der Problemverdrängung bis hin zur Bekämpfung derer, die abgesicherte Erkenntnisse kommunizieren, die man nicht hören will, weil sie das eigene Weltbild beschädigen.
Gab es Momente in Ihrer Karriere, in denen Sie das Gefühl hatten, dass die Herausforderungen des Klimawandels zu überwältigend sind? Wie haben Sie diese gemeistert?
Wir wissen sehr genau, was auf uns zukommt. Es wird ein Planet sein, wie im Pliozän, vor rund 3 Millionen Jahren. Wir kennen diese erdgeschichtliche Zeit sehr gut. Wir könnten uns also vorbereiten.
Welche positiven Entwicklungen sehen Sie aktuell in der Klimaforschung/-politik, die Hoffnung geben?
Der Stand Klimaforschung und die wissenschaftlichen Erkenntnisse werden immer mehr akzeptiert. Auch viele ehemalige Klimaleugner akzeptieren inzwischen die Tatsache des vom Menschen verursachten Klimawandels und seiner Folgen.
Was wären aus Ihrer Sicht/der Forschung gute Möglichkeiten, einen Beitrag als individueller Bürger zu leisten?
Von diesem Gedanken müssen wir uns verabschieden. Solange wir uns mit uns selbst beschäftigen, kann die Politik sich zurüclehnen und uns dabei entspannt zuschauen, wie wir individuell versuchen, einen Beitrag dafür zu leisten, dass das Klima „gerettet“ wird. So werden wir scheitern. Der wichtigste Beitrag, den jede und jeder leisten kann, besteht darin, von der Politik zu fordern, die Leitplanken unseres individuellen Handelns so zu setzen, dass wir durch unser normales Leben den Planeten nicht an die Wand fahren. Die wichtigste Forderung, die man dabei formulieren sollte, lautet: Was unsere Grundlagen zerstört, muss teurer sein als das, was unsere Grundlagen erhält.
Wir alle blicken täglich auf große Herausforderungen, besonders mit Blick auf den Klimawandel. Wie verliert man hier nicht den Mut, an eine gute Zukunft zu glauben?
Ich habe schon so viel schlechtes Wetter vorhergesagt, am Ende wurde es immer wieder gut.
Wie stellen Sie sich eine Zukunft vor, in der wir den Klimawandel erfolgreich bekämpft haben? Welche positiven Veränderungen würden wir sehen?
Wir werden den Klimawandel nicht mehr erfolgreich bekämpfen können. Das ist nicht mehr möglich. Wir können nur noch verhindern, dass die Erwärmung über 3 oder 4 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit hinausschießt. Es besteht also die dringende Aufgabe der Anpassung.
Gibt es für den Moment noch etwas Ungesagtes?
Wer die Situation verstanden hat, stellt fest, dass es nicht 5 vor 12 ist, sondern etwa 13:30 Uhr.
Vielen herzlichen Dank, Herr Böttcher!
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